Eine Tote gibt Auskunft (German Edition) by Janwillem van de Wetering

Eine Tote gibt Auskunft (German Edition) by Janwillem van de Wetering

Autor:Janwillem van de Wetering [Wetering, Janwillem van de]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783644508019
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2015-04-14T16:00:00+00:00


«Da Silva», sagte der Mann mit dem braun gebrannten Gesicht und gab dem Commissaris vorsichtig die Hand. «Ihr Besuch ehrt uns. Es ist schon lange her, seit ich einen niederländischen Polizeibeamten auf der Insel begrüßt habe. Hatten Sie einen guten Flug?»

Der Commissaris lächelte und murmelte einige höfliche Worte.

«Genever?», fragte da Silva. «Oder Rum? Rum ist hier das Getränk.»

«Wird der Rum hier hergestellt?»

«Zwei Daiquiri», sagte da Silva zu dem Schwarzen hinter der Bar. «Nein, hier nicht. Der Rum kommt aus Jamaika in Fässern, Rumpudding. Wir fügen hier nur in einer kleinen Fabrik Wasser hinzu, füllen ihn in Flaschen und kleben Etiketts darauf. Prost!»

Der Commissaris nahm einen Schluck. Lecker, dachte er. Sehr lecker. Kalt. Entspannend. Er schmatzte beifällig. Das Ziehen in seinem Oberschenkel war wieder verschwunden. Er überlegte, ob er da Silva erzählen sollte, dass er jetzt keine Schmerzen in den Beinen hatte. Er empfand plötzlich freundschaftliche Gefühle. Da Silva war ein netter Mann und der schwarze Mann hinter der Bar ebenfalls.

«Da Silva, ist das ein portugiesischer Name?», fragte er.

Da Silva nickte. «Auf der Insel gibt es viele portugiesische Namen und spanische und englische. Aber ich bin Holländer. Ich bin hier geboren, habe aber in den Niederlanden studiert und bin zurückgekommen. Die meisten kommen nicht zurück.»

«Sie mögen Ihre Insel, wie?», fragte der Commissaris.

«Ja, ich habe diese Insel gern. Es ist natürlich nur ein kahler Felsen.»

Der Commissaris nippte an seinem Rum und musterte den großen, gesund aussehenden Mann. Er versuchte, ihn in eine Kategorie einzuordnen, aber keines der Merkmale in seinem Gedächtnis schien zu passen. Anscheinend gehörte er zu einer ganz anderen Art von Menschen, trotz der blauen Augen und des dunkelblonden Haars. Er hatte schon mehr gesunde, kräftige, blauäugige, dunkelblonde Männer gesehen, aber dennoch. Ein Polizist, zweifellos. Das war eindeutig. Er würde da Silva überall als Polizisten eingestuft haben, aber als er versuchte, den Grund dafür zu finden, zögerte er wieder. Er gab es auf. Das hatte Zeit.

«Ein kahler Felsen?», fragte er. «Aber Sie haben Strände und überall das Meer in der Nähe.»

«Das Meer ist da», sagte da Silva. «Es ist immer da und frisst an unserem Fundament. Der Felsen hat die Form eines Pilzes, der auf einem dünnen Stiel steht, und das Meer frisst an dem Stiel. Und eines Tages wird er brechen. Dann gehen wir alle unter mit allem, was wir haben und sind, und das Meer wird sich wieder schließen. Und der Felsen ist kahl. Er trägt einige Hotels und die Ölraffinerie. Die Touristen und Ölleute geben ihr Geld aus, während wir hier herumsitzen, ein Gläschen trinken, ein Spielchen machen und über andere klatschen. Und morgen ist wieder ein Tag.»

Der Commissaris lachte. «Das hört sich gut an.»

Da Silva strahlte, er hielt den Commissaris am Oberarm fest. «Ich dachte, Holländer hielten nichts von Trägheit. Oder vielleicht ist es keine Trägheit, sondern Gelassenheit. Aber davon halten die Holländer auch nichts, oder?»

«Warum nicht?», fragte der Commissaris. «Und Sie sind doch ebenfalls Holländer.»

«Ich bin von dieser Insel, das ist etwas ganz anderes.»

Ein uniformierter Polizist brachte den Koffer des Commissaris, der die blaue Jacke und die blank geputzten Knöpfe anstarrte.



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